Bad Griesbach. Eine schwarze Federboa umfloss der Sopranistin Schultern, welche das feuerrote Kleid freiließ. „Stoßt an“, forderte Juliane Hiener, sang im vollbesetzen Kursaal das Hohelied auf den Champagner aus dem Finale der „Fledermaus“: vollmundig mit ihrer vibrierend voluminösen Stimme. Was das „Stoßt an“ betraf, so taten das auf der Bühne sowohl der Kulturreferent des Landkreises Passau, Dr. Wilfried Hartleb, wie auch der Chef des Sinfonischen Blasorchesters Bad Griesbach, Hans Killingseder.
So zeichnete Hartleb in seiner Moderation das hehre Getränk Champagner als Metapher einer sinnenfrohen Ouvertüre. Besonders sinnenfroh gestaltet sich letztere, wenn sie das Sinfonische Blasorchester des Landkreises Passau zelebriert. Dies hörte man in der Pause und am Ende allerorten, nicht nur von den Ehrengästen, unter ihnen Bürgermeister Jürgen Fundke, Regierungsdirektor Klaus Froschhammer, stv. Landrat Manfred Riedel, Rotthalmünsters Bürgermeister Franz Schönmoser und MdL Walter Taubeneder. Altlandrat Hanns Dorfner mit Ehefrau Gerlinde in der ersten Reihe wird sich besonders gefreut haben, ist er doch des Sinfonischen Blasorchesters Initiator und Gründungsvater.
Und nun haben am zweiten Tag des neuen Jahres der Kapellmeister und seine ebenso renommierte wie bescheidene Truppe einem hingerissenen Publikum ihr erstes Neujahrskonzert präsentiert, die - rundum gelungene - Premiere einer fortan alljährlich geplanten Tradition. Und nicht ohne Stolz verkündete Killingseder, dass man noch einmal hätte hundertfünfzig Karten verkaufen können und „der Kursaal einfach zu klein gebaut worden“ sei. Auch sonst kam die augenzwinkernde, unbeschwerte Komponente während dieser Veranstaltung nicht zu kurz neben der Tiefe der Musik aus dem populären Füllhorn Johann und Eduard Strauß’, Franz von Suppes („Du mein Österreich“), Emerich Kalmans.
Bewundernswerte Präzision des Gefühls, gepaart mit faszinierender Musikalität dominieren souverän die Korrespondenz zwischen den Musikern und ihrem Dirigenten. Vom Donner gerührt, fand sich der eine oder andere, wenn die Moderation Dr. Wilfried Hartlebs jenen philosophischen Exkurs unternahm über die Sucht des Mannes nach der ‚Serva’, der Magd. Womit Hartleb einführte in den zweiten Akt der „Fledermaus“, als Juliane Hieners Lachen über „Mein Herr Marquis“ einen der Höhepunkte erklomm.
Doch auch Tiefen, Traurigkeiten sollten nicht verniedlicht werden, als die meergrün gewandete Sopranistin und Armin Mörtlbauer (Tenor), der dafür seinen Platz an der Tuba verlassen hatte, im eindrucksvollem Potpourri der „Csardasfürstin“ weniger eine abstrakte „musikalische Liebeserklärung an die Welt“ hin sangen als vielmehr jene ganz konkrete Liebeserklärung : „Das ist die Liebe, die dumme Liebe“ und „Tausend kleine Engel singen“. Doch werden die Interpretationen der Musiker, der Gesangssolisten jenem Hauch tiefer Melancholie, des Abschieds - im Schatten des Ersten Weltkrieges - welcher über dieser berückenden, verzweifelt lebensbejahenden Musik liegt, einfühlsam gerecht, dem Geschmack des Morbiden, der Vergänglichkeit des Todes.
„Nimm Zigeuner deine Geige/Lass sehen was du kannst/Schwarzer Teufel/Spiel und zeige/Wie dein Bogen tanzt. Spiel ein Lied, das weint und lacht/Spiele bis der Bogen kracht /Spiele bis heran bricht hell das Morgenrot/Spiele Betyar, schlage mir die Sorgen tot.“
Auch wenn sie keine Geige bzw. - während des Gesangs der Solisten - nicht die erste Geige spielten, so erklang die Musik zu Kalmans „Csardasfürstin“ aus den von Killingseders Mannen und Frauen wunderbar geführten Instrumenten so sensitiv, dass sie wohl für Momente wirklich „die Sorgen totzuschlagen“ vermochte.

Aus der PNP vom 04.01.2010


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